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Mitte Juni ist es wieder soweit: der neue Hering bzw. Hollandse Nieuwe kommt (so werden die ersten Matjes der Fangsaison in den Niederlanden genannt). Das ist ein traditionelles niederländisches Produkt. Das erste Heringsfass wird am „Vlaggetjesdag“ (Deutsch: Fähnchentag; ein Straßenfest in Scheveningen) versteigert und kurze Zeit später geht der Verkauf des Hollandse Nieuwe in allen Fischläden gleichzeitig los. Dort finden sogar Heringspartys und andere Veranstaltungen statt.
Wo kommt die Tradition rund um den „Hollandse Nieuwe“ überhaupt her? Und wie genau läuft der Prozess bei dem „Nieuwe Haring“ und anderen Heringsprodukten ab?
In diesem Artikel schauen wir uns den Ursprung des „Hollandse Nieuwe“ und der Heringstradition in den Niederlanden an. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf traditionellen, frisch gesalzenen und sauren Heringen mit Zwiebeln, sondern auch auf unterschiedlichen sauren und geräucherten Heringsprodukten.
In diesem Artikel behandelte Themen:
Was ist der Hollandse Nieuwe?
Viele Leute denken, dass der Hollandse Nieuwe eine andere Bezeichnung für Hering ist, aber das stimmt nicht ganz. Der Hollandse Nieuwe ist nämlich eine alte traditionelle Bezeichnung für das Produkt, das ab Mitte Mai gefangen und bis zum 30. September desselben Kalenderjahres verkauft wird.
Alle Heringe, die nach dem 30. September verkauft werden – und somit länger als eine bestimmte Zeit eingefroren waren – werden offiziell nicht mehr „Hollandse Nieuwe“ genannt, sondern müssen unter der Bezeichnung HolländischerMatjes verkauft werden.
Seit Januar 2016 trägt der Hollandse Nieuwe die EU-Kennzeichnung „Garantiert traditionelle Spezialität“. Das bedeutet, dass das Produkt einen besonders traditionellen Charakter wegen der Zusammensetzung oder der Herstellungsweise hat. Damit reiht sich der Hollandse Nieuwe in einer Reihe von Spezialitäten wie zum Beispiel dem niederländischen Bauernkäse, Basterdsuiker (ein spezieller brauner Zucker) oder dem Serrano-Schinken ein.
Den Vlaggetjesdag gibt es schon seit 1781 und war ursprünglich der Tag, an dem am Samstag die Fischerboote, komplett mit Flaggen geschmückt, im Hafen lagen, bevor die ersten von ihnen ausliefen, um den Hollandse Nieuwe zu fangen.
Seit 1947 wird der Vlaggetjesdag an dem Tag gefeiert, an dem der neue Heringsfang ankommt. Jedes Jahr werden die Schiffe in den Häfen von (unter anderem) Scheveningen, Vlaardingen und IJmuiden mit niederländischen Flaggen in den Nationalfarben rot, weiß und blau geschmückt und das erste Heringsfass wird an diesem Tag versteigert. Das traditionelle Fest ist heutzutage vor allem als Werbemaßnahme für den Verkauf des Hollandse Nieuwe gedacht.
2019 brachte das erste Heringsfass nicht weniger als 95.000 € ein. Letztes Jahr fand der Vlaggetjesdag wegen der Corona-Krise nicht statt. Dennoch wurde der Hafen von Scheveningen mit Flaggen geschmückt und der Bürgermeister nahm das erste Heringsfass entgegen: Dieses wurde den Mitarbeiter*innen der Intensivstation des Erasmus MC überreicht.
Der offizielle Saisonbeginn des Nieuwe Haring bzw. Hollandse Nieuwe wird vom Visbureau (eine offizielle Marketingagentur für den Fischverkauf) festgelegt. Dies hängt von der Qualität des Fisches ab: ist der Hering fett genug, um mit dem Fang zu beginnen? Der Nieuwe Haring hat einen Fettanteil von mindestens 16 % und wird gefangen, bevor er geschlechtsreif ist. Wenn es ein schönes und warmes Frühjahr ist, erfüllt der Hering meistens die richtigen Bedingungen. Bleibt es aber länger kalt, kann es passieren, dass der Hering noch nicht fett genug ist, wodurch der Fang verschoben werden muss. 2013 und 2015 war das unter anderem der Fall.
Obwohl der Hollandse Nieuwe eine echte niederländische Tradition ist, werden die Heringe nicht (mehr) in den Niederlanden gefangen. Der Hering kommt aus der Nordsee, hauptsächlich aus Schottland, Norwegen und Dänemark. Die niederländische Heringsflotte besteht nur noch aus zwei Schiffen, daher sind es hauptsächlich Norweger und Dänen, die uns mit unseren Heringen versorgen. Aber trotzdem sind es niederländischen Unternehmen, die die Heringen nach heimischer Tradition zubereiten.
Die niederländische Heringsfischerei hat innerhalb Europas eine Vorbildrolle in Bezug auf Nachhaltigkeit eingenommen. Für den Heringsfang gibt es eine jährliche Heringsquote: die Höchstmenge an zu fangendem Hering wird jedes Jahr auf Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen und Gutachten festgelegt. Das ist äußerst wichtig für die Erhaltung dieses beliebten Nordseefisches.
2020 wurden nicht weniger als 385.008 Tonnen Nordseehering gefangen. Davon wurden ungefähr 25.000 Tonnen (25 Millionen Kilo) zu Hollandse Nieuwe verarbeitet. Das sind insgesamt etwa 180 Millionen Heringe. Diese Hollandse Nieuwe wurden nicht nur bei uns in den Niederlanden konsumiert. Im Gegenteil: Ganze 50 % gingen nach Deutschland und 7,5 % wurden nach Belgien exportiert.
De ovDie übrige Menge Nordseehering ist kein „Nieuwe Haring“, sondern wird zu Räucherhering oder Heringskonserven, wie Rollmops, Bismarckhering und Brathering verarbeitet.
Es wird oft behauptet, dass Hering roher Fisch sei, aber auch das stimmt nicht ganz. Heringe reifen nämlich in Salzlake. Direkt nach dem Fang werden sie zuerst gepökelt. Dabei werden die Kiemen und Eingeweide des Herings entfernt. Übrig bleibt nur die Bauchspeicheldrüse, sodass der Hering während des Pökelns weiterreifen kann und am Ende besser schmeckt.
Die Salzheringe werden dann in Fässer, Schalen oder vakuumversiegelte Beutel gepackt. Das Salz sorgt dafür, dass die Feuchtigkeit des Herings entzogen und der Hering salziger wird. Je mehr Salz, desto länger reift der Hering und desto länger ist er genießbar.
Durch das Einfrieren der Heringe wird der Reifungsprozess gestoppt. Früher war das natürlich nicht möglich, weshalb damals viel mehr Salz verwendet wurde. Dadurch wurden die Heringe auch viel salziger, weshalb sie mit gehackten Zwiebeln verzehrt wurden. Diese Tradition hat bis heute überlebt, obwohl der Hering oft auch mit Saure Gurkenscheiben oder ganz naturbelassen gegessen wird.
Heutzutage werden Heringe direkt eingefroren und der Hollandse Nieuwe muss mindestens 24 Stunden im Froster liegen. Das sorgt dafür, dass eventuell vorhandene Parasiten abgetötet werden.
Von der insgesamt erlaubten Fangmenge (385.008 Tonnen Nordseehering 2020) wird „nur“ ein Zwanzigstel für die Verarbeitung zum Hollandse Nieuwe verwendet. Dies spiegelt gut die große Beliebtheit aller anderen Heringsprodukte wider; mehr als 360.000 Tonnen Hering werden zu Räucherhering (Lachshering) oder Heringskonserven verarbeitet.
Vor allem der Markt für Heringskonserven ist groß. Zu nennen wären hier die berühmten Dosen Hering in Tomatensauce, Heringsscheiben (saurer marinierter Hering), Heringspfanne oder Brathering (gebratener Hering in Essig), Backhering (leicht geräucherter Hering zum Braten/Backen), Lachshering oder Lachsheringsfilet. Aber auch Hering in Salaten, wie dem Hering-Rüben-Salat oder dem leckeren Hering in Dillsauce, köstlich zu Salat oder für das Brot.
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